Das Konzept ist nicht gescheitert. Die Umsetzung ist gekippt.

Gegenrede zu dem, was zu laut behauptet wird.

Das Konzept ist nicht gescheitert.

Wir waren nicht naiv. Und auch die Politiker der letzten Jahrzehnte nicht.

Was ist das überhaupt für eine Haltung?

Und sicher wusste jeder, wie Putin tickt.

Der Mann war KGB Offizier. Das reicht doch fürs Erste.

Und dann 2006 der Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja.

Na, und alles, was noch dazu kam. Reicht doch wirklich.

Es wurde trotzdem Handel betrieben und das war gut so. Denn man wusste, dass es dünn und kalt wird, wenn man nur mit Demokraten Handel treibt.

Also sah man drüber weg. Wie man bei Saudi Arabien und anderen Schurkenstaaten auch drüber weg sah und sieht.

Man sah ja auch über die eigenen Defiziten und Überschreitungen in der NATO hinweg.

Jetzt tun alle so überrascht und moralisch erschüttert. Von Merz und Röttgen, die entgegen der Zusage nun doch aus dem miesen Krieg ein saftiges Oppositionsthema machen bis hin zu Baerbock, die sich darüber echauffiert, dass Putin gelogen hat. Also ob der Westen nicht lügt. Der Irakkrieg 2003 mit über 500.000 Toten basierte auf einer Lüge.

Jahrzehnte funktionierte unsere Devise, allem Elend zum Trotz, wer Handel treibt und kulturelle Feste feiert, wird keinen Krieg führen. Wer sich umarmt, schießt nicht aufeinander. Putin hat nicht auf Deutschland geschossen. Und auch auf keinen Bündnispartner.

Das macht diesen verheerenden Angriffskrieg nicht besser und wäscht auch Putin nie und nimmer rein. Der ist auf immer verbrannt. Hat sich verrannt und selbst verbrannt.

Das ist aber kein Beleg dafür, dass das Konzept falsch war, was jetzt vielfach behauptet wird.

Das Konzept ist und bleibt ein richtiger Ansatz. Denn in der Weltpolitik läuft das nicht nach Wunsch und Vorstellung. Da regiert die Wirklichkeit und die ist selten freundlich und konstant.

Jetzt ist das alt bewährte Konzept nach 70 Jahren auf tragische Weise gekippt.

Deshalb muss man das Vorherige und das lange für alle Seiten Prosperierende nicht grundsätzlich in Frage stellen. Wie soll das denn weiter gehen, wenn an das Konzept „Frieden durch Handel“ nicht mehr geglaubt wird?

Besser wäre es, endlich eine ehrliche Antwort auf die Frage zu finden, warum es gekippt ist.

Wem nutzt es, dass es gekippt ist?

Wer hat es kippen lassen? Und warum?

Wer hat es nicht verhindert? Und warum?

Wer hat sich verspekuliert? Und warum?

Wer wurde ent-täuscht? Und von wem?

Und – wie kriegen wir das wieder gerade gestemmt? Denn das muss es. Schon für unsere Kinder und Enkel.

Dieses Mal stabiler und sauberer.

Wer diese Fragen nicht stellt, vergibt Chancen.

Auf der Suche nach Schuldigen sind selbst ernannte Richter nun nicht zimperlich. Wer nun von „nützlichen Idioten“ mit Blick auf Russland spricht, ignoriert selbstgefällig und geschichtsvergessen ein Konzept, das Jahrzehnte lang funktioniert und von dem wir alle profitierten. Alle. Wirklich alle, die in unserem Land seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts leben und lebten.

Wer sich umarmt, schießt nicht aufeinander. Putin hat Deutschland nicht angegriffen. Und auch keinen Bündnispartner. Das macht diesen miesen Krieg nicht besser und wäscht auch Putin nicht rein, aber es soll doch zeigen, dass unser Konzept „Frieden durch Handel“ nicht gescheitert ist und Steinmeier & Co. nicht so verantwortungslos und dumm waren, wie viele jetzt gerne raushauen.

Jetzt ist der Friede auf tragische Weise gekippt. Deshalb muss man das Vorherige und lange Prosperierende doch nicht grundsätzlich in Frage stellen. Lieber die richtigen Fragen stellen, warum es gekippt ist. Das passiert aber wohl erst nach dem Krieg.